"Freundschaft, das ist wie Heimat." Dieser schöne Satz ist vom bekannten Schriftsteller Kurt Tucholsky ausgeliehen. Und er beschreibt sehr eindrücklich, welchen Stellenwert Freunde in unserem Leben haben. Gute Freunde können uns aus den tiefsten Tälern retten und gemeinsam können wir die höchsten Berge erklimmen. Umso tragischer, dass die Zahl unserer Freundschaften mit zunehmendem Alter immer mehr sinkt. Statistisch gesehen verlieren wir ab unserem 23. Lebensjahr alle zehn Jahre einen Freund, ohne einen neuen zu gewinnen.
Als wäre das nicht schon deprimierend genug, steigt die Einsamkeit seit Jahren kontinuierlich. Aktuelle Zahlen der Europäischen Union zeigen, dass sich rund 50 Millionen Menschen in Europa innerhalb eines Jahres nicht einmal mit Freunden oder Familienmitgliedern treffen. Entsprechende Daten der Bundesregierung zeigen, dass auch 17 Prozent der Deutschen sich immer oder oft einsam fühlen.
Echte Freundschaften helfen gegen Einsamkeit
Das heißt, etwas mehr als 14 Millionen Menschen leben mehr oder weniger sozial isoliert und gefährden damit auch ihre Gesundheit. Denn anhaltende Einsamkeit kann unter anderem die Entstehung von Depressionen, Krebs und Herzerkrankungen begünstigen. In Großbritannien und Japan gibt es deshalb bereits ein extra Einsamkeitsministerium, das sich gegen die Isolation einsetzt.
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Dabei liegt das größte Heilmittel gegen Einsamkeit eigentlich auf der Hand: echte, tiefgründige soziale Beziehungen. Blöderweise werden genau solche Freundschaften – wie bereits erwähnt – vor allem im Erwachsenenalter immer seltener. Wem es nicht gelungen ist, seine Sandkastenfreunde in seinen Alltag zwischen Beruf und Familienleben zu integrieren, der steht dann schnell vor der Frage: Wie lerne ich als Erwachsener neue Freunde kennen? Ein paar Ideen hätten wir da für Sie.
Wie finde ich als Erwachsener neue Freunde?
Finden Sie heraus, was Sie eigentlich suchen. Vielleicht sehnen Sie sich nach jemandem, mit dem Sie sich austauschen können oder Sie wollen gerne einen Sparring-Partner für Ihr Hobby. Wer weiß, was er sich von einer neuen Freundschaft erhofft, der wird auch schnell merken, wenn jemand genau diese Bedürfnisse erfüllen kann. Zusätzlich weiß man dann auch, an welchen Orten man die Augen nach sympathischen Menschen offenhalten sollte. Wer beispielsweise einen Fitness-Kumpel sucht, der trainiert womöglich schon eine ganze Weile mit potenziellen neuen Freunden. Zwischen Theorie und Praxis steht hier oft nur der erste Schritt.
Zeigen Sie ehrliches Interesse an Ihrem Gegenüber. Fragen stellen und neugierig sein ist beim Kennenlernen von neuen Menschen das A und O. Gerade am Anfang ist es wichtig, sich offen für andere Perspektiven und Lebensweisen zu zeigen. Die neue Bekanntschaft hat ein skurriles Hobby oder interessiert sich für ein Thema, mit dem Sie nicht viel anfangen können? Super! Dann können Sie etwas Neues lernen und vielleicht ein neues Interesse entwickeln.
Schaffen Sie eine vertrauensvolle Basis. Vielleicht kennen Sie das Sprichwort "Wir ernten, was wir säen." Ein bisschen ist das auch beim Aufbau von Freundschaften so. Wenn wir wollen, dass sich jemand öffnet und in unserer Gegenwart wohlfühlt, dann sollten wir das Gleiche tun. Eine Studie der University of Pennsylvania zeigt, dass Verletzlichkeit eine Freundschaft ungemein stärken kann – unabhängig davon, ob man derjenige ist, der Hilfe gibt oder benötigt.
Nutzen Sie die Möglichkeiten des Internets. Eines der größten Probleme für Erwachsene, neue Freunde zu finden, ist der Zeitmangel. Oft reicht die Freizeit nicht aus, ob Partner, Kinder, Hobbys und die aktive Suche nach Freunden in Reallife unter einen Hut zu kriegen. Zum Glück gibt es mittlerweile einige digitale Treffpunkte für genau diesen Zweck. Sogar die Dating-App „Bumble“ hat einen BFF-Bereich eingerichtet, in dem die User statt der großen Liebe jetzt die neue beste Freundin suchen.
Suchen Sie alte Freunde im Telefonbuch. Im stressigen Alltag geht vieles unter, leider auch manchmal der Kontakt zu Freunden. Wieso also nicht einfach mal wieder die Studienfreundin anschreiben oder sich bei seinem ehemaligen Fußball-Kumpel melden und fragen, wie es den Kindern geht? Laut einer Studie der University of Pittsburgh kommt das besser an, als man vielleicht vermutet. Demnach wird die Geste vom Empfänger zunehmend wertgeschätzt, je überraschender sie kommt. Hier gilt, was generell auf die Freundessuche zutrifft: Mut zahlt sich aus.
Freundschaft entsteht erst nach rund 50 gemeinsamen Stunden
Geduld übrigens auch. Denn: Freundschaft entwickelt sich nicht über Nacht. Laut Jeffrey A. Hall, Professor für Kommunikationswissenschaften an der Universität Kansas, braucht es rund 50 gemeinsame Stunden, damit aus einer Bekanntschaft eine Freundschaft werden kann. Für eine sehr innige und tiefe Freundschaft braucht man demnach so um die 200 Stunden. Freundschaft ist also ein Langzeitprojekt, das lohnender kaum sein könnte.
Wer sich fragt, was uns eigentlich wirklich glücklich macht, der kommt an Freunden nicht vorbei. Die beiden Glücksforscher Ed Diener und Martin Seligman haben herausgefunden, dass die Qualität unserer zwischenmenschlichen Beziehungen einen wesentlichen Einfluss auf unser Lebensglück hat. Es gibt also kaum etwas, das unser Wohlbefinden so positiv beeinflussen kann, wie gesunde soziale Beziehungen. Das kann man übrigens sogar messen: Wenn wir Zeit mit Menschen verbringen, die uns wichtig sind, dann schüttet unser Körper eine Art Cocktail aus Glückshormonen aus. Dieser Cocktail kann Stress und Angst reduzieren und sogar Schmerzen senken.
Zeit mit Freunden kann Stress und Schmerzen reduzieren
Freundschaft kann also Wunder bewirken. Rein psychologisch reicht es dafür sogar aus, wenn wir einen einzigen guten Freund in unserem Leben haben. Richtig, es müssen nicht die 500 Facebook-Freunde vorbeikommen, damit der Körper Glückshormone produziert. Im Gegenteil: Bei Freundschaft zählt die Qualität, nicht die Quantität. Es bringt nichts, sich möglichst viele Kontakte im Telefonbuch zu speichern oder auf möglichst vielen Partyfotos von Bekannten getaggt zu werden, zu denen man keine wirkliche Verbindung hat.
Viel wertvoller sind die Menschen, die man auch nachts anrufen würde oder an die man denkt, wenn einem etwas Gutes widerfährt. Das sind Menschen, die unser Leben wirklich bereichern: echte Freunde. Rein statistisch gesehen hat jeder von uns etwa drei davon in seinem Leben. Drei. Nicht einmal eine Hand voll. Das ist eine Frage, die man bei der Suche nach neuen Freundschaften eben auch stellen sollte: Habe ich denn wirklich niemanden in meinem Leben, der mir wichtig ist? Wenn die Antwort ja ist, dann trauen Sie sich, neue Menschen wirklich in Ihr Leben zu lassen. Wenn Ihnen aber doch ein paar liebe Menschen einfallen, dann widmen Sie denen doch vielleicht erstmal etwas mehr Zeit und schauen, was mit der Beziehung passiert.
Quellen: Deutscher Bundestag, Analyse , Journal of Happiness Studies, Europäische Union, Studie, University of Pennsylvania, Studie
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