Gesundheit

Wie gut sind die neuen Corona-Medikamente? Ein Überblick

Die vierte Corona-Welle, sie kam mit Ansage. Experten und Expertinnen hatten immer wieder mit Nachdruck vor ihr gewarnt. Steiler noch als im vergangenen Jahr schießt die Kurve der Infektionszahlen nach oben, die Intensivstationen laufen wieder voll. Die Rechnung ist simpel: Je mehr Viren im Umlauf sind, desto mehr Menschen infizieren sich. Das betrifft allen voran Ungeimpfte, aber nicht nur. Auch die Zahl der Impfdurchbrüche nimmt zu. Denn kein Impfschutz schützt zu 100 Prozent. Zudem ist inzwischen bekannt, dass der Impfschutz mit der Zeit nachlässt. Helfen sollen neben den Corona-Vakzinen in diesem Herbst und Winter daher auch Covid-19-Medikamente. Aber wie gut sind diese?

Eine Covid-19-Erkrankung lässt sich in zwei Phasen unterteilen. In Phase eins steigt die Viruslast an. In diesem frühen Stadium kann der Infizierte bereits ansteckend sein, ohne Symptome zu spüren. Ein Antivirus-Mittel kann in dieser Zeit dafür sorgen, dass dem Virus frühzeitig Einhalt geboten wird und den Anstieg der Viruslast drosseln. Antivirale Medikamente sollen die Viren am Eindringen in die Körperzellen hindern und damit auch, dass diese sich dort vermehren.

In der zweiten Phase des Krankheitsverlaufs ist der Infizierte wirklich krank, das Virus hat bereits reichlich Schaden angerichtet. Das Immunsystem arbeitet dagegen. Kommt es zu einem schweren Verlauf, kann es passieren, dass das Immunsystem so vehement gegen das Virus feuert, dass dies einen schädlichen Effekt hat. Daher haben Medikamente, die in dieser Krankheitsphase eingesetzt werden, die Aufgabe, die Immunantwort des Körpers zu dämpfen.

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„Passive Impfung“

Erst am vergangenen Donnerstag machte die Europäische Arzneimittelagentur (Ema) den Weg frei für die Zulassung von zwei neuen antiviralen Covid-19-Medikamenten. Die EU-Kommission trifft die endgültige Entscheidung für eine Zulassung, das gilt aber als Formsache. Es handelt sich dabei um Ronapreve, welches das Schweizer Pharmaunternehmen Roche gemeinsam mit dem US-Konzern Regeneron herstellt, sowie das Mittel des südkoreanischen Medikamentenherstellers Celltrion namens Regkirona. Bei beiden Medikamenten handelt es sich um monoklonale Antikörper-Präparate. Diese werden im Labor hergestellt und sind alle gleich, da sie aus derselben Mutterzelle geklont werden. Sie sollen verhindern, dass das Virus an die menschlichen Zellen andocken kann. Im Gegensatz zu dem Mix an Antikörpern, die der Körper nach einer Impfung entwickelt, binden monoklonale Antikörper den Virus nicht an verschiedenen Stellen, sondern greifen es an einem bestimmten Ziel an.

Corona-Infizierte ab zwölf Jahren, die ein hohes Risiko haben, schwer an Covid-19 zu erkranken, sollen Ronapreve bekommen. Das Präparat besteht aus den zwei monoklonalen Antikörpern Casirivimab und Imdevimab und wird intravenös und im Frühstudium der Erkrankung verabreicht. Ronapreve kann aber auch zur Prävention von Familienmitgliedern eingesetzt werden. In einer Studie mit mehr als 1000 Teilnehmern zeigte sich, dass Ronapreve schwere Verläufe verhindern kann. Demnach erkrankten weniger als ein Prozent der Probanden, die das Mittel bekommen hatten, so schwer, dass sie stationär behandelt werden mussten.

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Laut Studienergebnissen senkte das Medikament das Risiko, im Krankenhaus behandelt werden zu müssen oder gar an Covid-19 zu sterben, im Vergleich zur Placebo-Gruppe um rund 70 Prozent. Zudem klangen Corona-Symptome im Mittel vier Tage schneller ab, dauerten also zehn Tage an. In Ländern wie Großbritannien, den USA, Japan und Brasilien wird Ronapreve bereits genutzt. In Deutschland kam es bisher nur in Ausnahmefällen zum Einsatz.

Auch Regkirona wird intravenös und in einer frühen Phase der Covid-19 Erkrankung eingesetzt. Allerdings sind hierbei erwachsene Patienten vorgesehen, die nicht mit Sauerstoff behandelt werden müssen. Präventiv soll das Mittel nicht eingesetzt werden. Das Medikament aus Südkorea konnte einer Studie mit knapp 900 Teilnehmern zufolge das Risiko vor einer schweren Erkrankung mit Krankenhausaufenthalt wesentlich senken. Während in der Placebo-Gruppe elf Prozent der Infizierten stationär aufgenommen werden mussten, waren es bei denen, die Regkirona verabreicht bekommen hatten, drei Prozent. Zugelassen ist das  Medikament bisher nur in Südkorea. 

Geringer Einsatz von monoklonalen Antikörpern

Die Behandlung von Covid-19-Patienten mit antiviralen Medikamenten ist nicht neu. Bereits im Januar kaufte die Bundesregierung 190.000 Dosen zweier Mittel. Deutschland war sodann das erste Land in der EU, in dem monoklonale Antikörper gegen Covid-19 eingesetzt wurden. Doch das nur spärlich. Der "Spiegel" schreibt von gerade einmal 5000 Dosen, die laut Bundesgesundheitsministerium bis Mitte Oktober verabreicht worden wären. 

So ist beispielsweise der Polymerasehemmer Remdesivir in Europa bereits seit Mittel 2020 zugelassen. Das Mittel, das ursprünglich gegen das Ebolavirus entwickelt wurde, habe in der Therapie aber nur einen geringen Stellenwert, so Christian Karagiannidis, Leiter des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), gegenüber dem "Spiegel". Dabei ist Remdesivir, wie der US-Hersteller Gilead im September mitteilte, durchaus effektiv. Es könne das Risiko eines schweren Verlaufs oder dem Tod um 87 Prozent verringern. Doch das Mittel hat ein Problem, es ist unpraktisch. Zum einen ist seine gute Wirksamkeit daran gekoppelt, dass es bereits in den ersten Tagen nach der Infektion, also in der Frühphase der Erkrankung, verabreicht werden muss. Zum anderen geht dies nur intravenös und genau das ist eine logistische Herausforderung. 

Ein Problem, das auch Ronapreve und Regkirona nicht lösen können, aber eventuell Paxlovid und Molnupiravir. Beide Mittel kommen in Kapselform und könnten oral eingenommen werden, sind aber in der EU noch nicht zugelassen. Paxlovid ist ein Produkt des US-Pharmakonzerns Pfizer. Die Studie ist zwar noch nicht abgeschlossen, doch erste Ergebnisse sind vielversprechend. Demnach wirkte das Mittel, das unter anderem das HIV-Medikament Ritonavir enthält, sogar noch einen Ticken besser als Remdesivir. Nicht zu Unrecht nannte Pfizer-Chef Albert Bourla die Tablette einen "Game-Changer". Die US-Zulassung soll bald beantragt werden.

Auch der Hersteller Merck&Co will mit seinem Molnupiravir den Markt aufmischen. Die Wirksamkeitsdaten können mit den vorläufigen des Pfizer-Produkts zwar nicht mithalten, doch auch dieses Mittel halbierte das Risiko stationär behandelt werden zu müssen oder an einer Sars-CoV-2-Infektion zu sterben. In Großbritannien wird das Medikament schon eingesetzt. Die Ema und die FDA prüfen das Mittel aktuell.

Quelle: EMA, Gilead, WirtschaftsWoche, Spiegel

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